Shikeis Zimmer

Ein merkwürdiger Traum ging zu Ende, als Sayoko aus einem sehr ruhigen Zustand langsam zurück in die Wirklichkeit glitt. In dieser Welt, wo alles Unmögliche logisch war und Grenzen nicht vorhanden waren, war sie eine zufriedene schon Jahrhunderte alte Vampirin. Sie hatte keinen Kontakt mehr zu irgendwelchen Personen, die ihr schaden wollten und einzig und allein hatte sie mit denen gelebt, die ihr wichtig waren. Auch wenn das nicht viele waren. Ein kleines Murmeln entfuhr der Blonden, obwohl sie beim Aufwachen selten sprach. Ihre Hand fuhr forschend unter der Decke entlang, ihre olivgrünen Auge waren zu. Wo war die Wärme, die sie suchte?

Als Shikei die Regung von Sayos Hand merkte griff er nach ihr um sie danach zärtlich anzulächeln. Erwartend dass sie ihr olivfarbenen Augen aufschlagen würd lag er dicht vor ihr und strich ihr zärtlich über ihre weiche Haut. Es war das erste Mal für den Hunter dass er mit jemand anderem wach wurde. Doch es schien ihm als könnte er jeden Tag neben Sayoko aufwachen.

Es war fast wie ein Kuss der Sonne auf der kompletten Haut, als Sayoko merkte, dass Shikei noch da war. Oder schon? Oder immer? Die Begriffslage weckte sie so auf, dass sie ihn schlussendlich mit offenen Augen ansah. "Du siehst glücklich aus", las sie an seinen Gesichtszügen ab und zog seine Hand weiter nach oben. In dem Moment fiel eine lästige Strähne über Sayokos Kinn und zu ihren Lippen. Als sie seufzen wollte, kamen die wenigen Haare in ihren Mund, sodass sie sie geräuschvoll auspustete. Mit einem verlegenen Lächeln schaute sie Shi danach an. Gleich beim Aufwachen sorgte sie für Ungeschicktes. "Entschuldige", entwich es ihr kleinlaut. "Das... Problem dürftest du aber kennen." Langsam entzog sie ihre Hand seiner und nahm einmal wieder seinen langen Pony zwischen die Finger. Etwas, was sie einfach nicht in Ruhe lassen konnte. Sie drehte die dunkle Strähne hin und her, wobei sie amüsiert in sein rotes Auge darunter sah.

Nach einigen schweigsamen Minuten und Spielereien in Shikeis Haar, ließ Sayoko dieses in Ruhe und seufzte genüsslich. In ihr war der Wunsch, ihrem Freund selbst nach einem gemütlichen Schlaf ihre Zuneigung zu Gute kommen zu lassen. Als müsse er sie einspeichern, damit er etwas hatte, wenn sie nicht bei ihm war. Getrennte Zeit wäre etwas schlimmes, was sie in den Sekunden, in den sie mit ihm alleine war, mehr als nur ausgleichen musste. Unter der Decke erhob Sayoko sich, drückte Shikei an der Schulter gänzlich auf den Rücken, während sie sich über ihn kniete und schlussendlich sozusagen auf allen Vieren ihren Kopf senkte, um ihm mit einem Zungenkuss die Sprache zu verschlagen, obwohl er ohnehin nicht viel gesagt hatte. Es war ein "Ich liebe dich" in der Form eines Kusses, wortlos, tatkräftig. Und irgendwie wollte die Blonde ihren Mund nicht dort wegnehmen, wo sie ihn leicht aggressiv hinauf drückte. Es glich einem kleinen Überfall auf Shikei, aber er wäre ohnehin stärker als sie und hätte sie mühelos mit nur einem Finger wegdrücken können.

Shikei schien überhaupt nicht zu antworten sondern versank einfach in den olivfarbenen Augen die Sayo in ihrer Schönheit spiegelte.
Plötzlich spürte Shikei eine wunderschöne Liebeserklärung auf seinen Lippen als sie ihn niederrang und leidenschaftlich ihre Zunge gegen ihn drückte. Shi hätte sie zwar locker runterwerfen können doch er dachte gar nicht und erwiderte ihre Liebeserklärung um ihr zu zeigen dass er genauso fühlte. Er hob seinen Oberkörper samt ihrem sodass sie jetzt auf ihm saß und er sie jetzt im Kuss umarmen konnte. Der Vampir strich durch Sayokos feines Haar und zog sie ein wenig an sich.

Langsam und etwas umsorgt strich Sayoko über Shikeis rechte Wange, als er sich aufgesetzt hatte und sie an sich drückte. Die Furcht vor der nahenden Zeit äußerte sich in einer gewissen Schwäche, die sie in den Kuss einfließen ließ. Ihr Vater. Ja, ihr Vater war das Zentrum ihrer Gefühle, der Ursprungsort ihres Urteilens. Was er tat, beeinflusste unweigerlich, was sie vorhatte. Sie maß sich an einem Mann, der ihr eigentlich nichts bedeutete, dem sie die Hand abgetrennt hatte und der sie wie eine Skulptur im Schaukasten behandelte. Er hätte ihr egal sein müssen, doch das war es einfach nicht. Mit einem etwas unsicheren Gesichtsausdruck blickte die Blonde an Shis Hals hinauf zu seinen Augen, bevor sie leise Worte aus ihrem Mund kommen ließ. "Mach dir... keine... Sorgen um mich." Augenblicklich fragte sie sich aber, wieso sie das gesagt hatte. Was der Sinn war und welcher Grund. Warum hatte sie ihn darauf hingewiesen, sich jetzt keine Sorgen zu machen? Ihr Unterbewusstsein wollte etwas und verriet es ihr nicht, bahnte sich lediglich mit rätselhaftem Verhalten den Weg, den es brauchte, um zu seinem geheimen Ziel zu gelangen.
"Wie wäre es, wenn du... vielleicht...", Sayoko überlegte skeptisch. "Einfach mal in die Stadt gehst? Dich mit jemandem unterhältst? Kaname? Gesell dich zu ihm. Er... die anderen... ich meine... Ich muss bald etwas erledigen und..." Sie suchte verzweifelt nach Worten, um zu umgehen, dass sie eine direkte Konfrontation mit ihrem Vater suchte. Sie hatte bereits Anzeichen, dass er bald vorbei schauen würde, aber das war ihr Problem und nicht das eines anderen. Wenn er sie schlagen wollte, sollte er es tun. Wenn es niemand wusste, würde es niemand anderen belasten und weitere Schwierigkeiten vorbeugen. So einfach sollte es sein...

Shikei hörte sofort die Unregelmäßigkeit in Sayos Herz und Pulsschlag... Irgendwas verheimlichte sie ihm, aber was und vor allem wieso? Vertraute sie ihm nicht und dann noch das "Mach dir bitte keine Sorgen" Er legte seinen Kopf schief und strich über ihre Wange "Was ist denn los?" Besorgt blickte er seine Freundin an und streichelte weiter ihre sanfte Haut

Sayoko versteifte sich sofort, als ihr klar wurde, was für eine grottige Lügnerin sie war. Man hätte ihr selbst bei einer Antwort auf die Frage "Geht es dir gut?" eine Lüge erkennen können. Sie schloss bekümmert die Augen und ließ die Arme von Shikei ab, um sie auf ihre Schenkel zu legen. "Ich habe bald... etwas zu erledigen", versuchte sie es erneut. "Du sollst dich einfach nicht sorgen, das ist... alles. Ich bringe es hinter mich und dann... komme ich wieder. Ganz einfach." Sie setzte ein halbherziges Lächeln auf, aber spürte, wie ihr das Gefühl, ertappt worden zu sein, den Rücken hinunter jagte.

"Aber Schatz...ich möchte wissen um was es geht?" Kyo verstand nicht wieso Sayo es ihm nicht sagen wollte. Nun ja er verstand es schon aber er wollte sie trotzdem nicht mit einem Problem alleine lassen. Vorsichtig griff er nach ihrer Hand die auf ihrem Schenkel ruhte und gab ihr einen kurzen zärtlichen Kuss bevor er ihr ins Ohr hauchte: Ich bin immer für dich da egal was passiert."

"Es ist das, worüber ich schon geredet habe", meinte Sayoko etwas zerstreut und schüttelte den Kopf, jedoch nicht aus Verneinung, sondern aus Ahnungslosigkeit. Sie ließ ihre Hand in Shikeis und legte den Kopf in den Nacken. Verwirrt schaute sie an die Decke des Zimmers. "Bei dir bin ich sicher, das weiß ich", entfuhr ihr die Wahrheit. "Doch wenn der Mann kommt, der sich an mir rächen will und mich bestrafen möchte, weiß ich nicht, ob ich dich damit reinziehen möchte. Immerhin hast du schon genug durchgemacht und du meinst auch, die Vergangenheit des einzelnen hat nichts mit dem anderen zu tun. Also... wärst du in Sicherheit, auch wenn ich quasi mehrmals durch eine große Flamme rennen muss, ohne Schutz. Aber das ist wohl so. Der Mann, der Genugtuung von mir fordert, soll sie kriegen, damit er mich und alle anderen in Ruhe lässt." Na ja, es ist sowieso klar, dass dieser Mann mein Vater ist.